Eine vielversprechende Karriere geht zu Ende: der Suhler Mountainbiker René Tann (26) beendete zum Jahreswechsel seine Laufbahn als Leistungssportler und will sich nun um seine Ausbildung kümmern.
18 Jahre seines Lebens hat der heute 26-jährige Suhler Sportler René Tann nur ein Ziel gehabt: schnell sein Mountainbike zu bewegen, um eines Tages ganz vorne in der Welt mitzufahren. Für Deutschland hat es gereicht – für die ganze Welt nicht. Jetzt hat der Sportler des Jahres der Stadt Suhl 2007 – dem Jahr, in dem er auch Deutscher U23-Meister geworden war – einen Schlussstrich unter seine aktive sportliche Karriere gezogen: „Ich bin an einem Scheidepunkt angekommen: versuche ich weiter, mein Ziel zu erreichen, an der Weltspitze mitzufahren, oder stelle ich meine Weichen für die Zukunft und beginne eine solide Ausbildung, damit ich eines Tages meine Familie ernähren kann?“ Viel Geld ist im Mountainbike-Sport ohnehin nicht zu verdienen, nur eine Handvoll Sportler können in Deutschland wirklich davon leben, Einkommensmillionäre wie im Fußball, Eishockey, Motorsport, ja selbst im Straßen-Radsport gibt es im olympischen Mountainbike-Sport nicht. „Ich bin jetzt in einem Alter angekommen, wo ich mich entscheiden muss und wo ich auch an meine weitere Zukunft denken muss.“ Noch bis Ende Februar ist der erfolgreichste Mountainbiker Thüringens noch Soldat, „um kontrolliert abzutrainieren.“
In den vergangenen drei Jahren stagnierte die Leistung von Tann, trotz einzelner Lichtblicke – zum Beispiel unter den besten Fünf bei Deutschen Meisterschaften – konnte er seine vielsprechende Karriere aus Junioren- und U23-Zeiten nicht weiter voranbringen: „Ich habe es nie geschafft, mich in den vergangenen Jahren im Weltcup oder bei Weltmeisterschaften international dauerhaft in der Eliteklasse zu etablieren“, muss Tann rückblickend einräumen. „Dennoch könnte ich sicherlich den Sport noch zehn Jahre lang weiter betreiben“, so der Suhler, dessen Ziel es immer war „Vollprofi zu werden, bei den Europa- und Weltmeisterschaften vorne mitzukämpfen und vielleicht sogar einmal an Olympischen Spielen teilzunehmen.“ Immerhin hatte Tann es sogar in den „Olympia-Perspektivkader“ des Bundes Deutscher Radfahrer geschafft und war nicht nur acht Jahre lang für die deutsche Nationalmannschaft, sondern auch für nationale und internationale Profiteams an den Start gegangen. Aber jetzt sei ein guter Zeitpunkt, sich neu zu orientieren: „Ich bin mit 26 noch jung genug, mich beruflich neu zu orientieren“, freut sich Tann, der einen Realschulabschluss, aber bislang keine berufliche Ausbildung vorweisen kann, schon auf seine weiteren Aufgaben. Eine erste Ausbildung zum Trockenbau-Monteur hatte er nach eineinhalb Jahren abgebrochen, um als Sportsoldat in die Bundeswehr eintreten zu können. „Damals war das sicherlich der richtige Schritt: die Bundeswehr hat meine sportliche Laufbahn über viele Jahre geprägt. Demzufolge gilt meinen Vorgesetzten in der Sportfördergruppe der Bundeswehr in Todtnau und beim Streitkräfteamt mein besonderer Dank – ohne sie hätte ich meinen Weg nicht so erfolgreich gehen können“, so Stabsunteroffizier Tann, der auch nach seiner aktiven Dienstzeit vom Berufsförderungsdienst der Bundeswehr begleitet wird, um ihm einen reibungslosen Übergang in das zivile und außersportliche Umfeld zu ermöglichen.
„Natürlich ist es kein leichter Abschied vom Sport: ein Großteil meines Freundeskreises hat etwas mit Radsport zu tun, wir haben uns ja im Sommer jedes Wochenende irgendwo getroffen, von den vielen Trainingslagern in den Wintermonaten ganz zu schweigen.“ Aber man habe auch auf viel verzichten müssen: auf einen lokalen Freundeskreis, Partys und auch einen geregelten Arbeitsalltag: „Ich war ja ständig unterwegs, vor allem am Wochenende. Sport stand immer an erster Stelle in meinem Leben.“ Aber dadurch habe er auch viel gelernt, betont Tann, der diese Zeit seines Lebens auch nicht missen möchte: Ausdauer, Selbstdisziplin und Zielstrebigkeit: „Eigenschaften, die mir sicher auch in meinem zukünftigen Berufsleben nützlich sein werden“, so Tann, der in den vergangenen Jahren auch Rückschläge einstecken musste: schwere Stürze, eine Borreliose-Infektion und einiges mehr: „Es lief nicht immer alles perfekt. Aber was man als Sportler lernen muss – und was ich gelernt habe: immer wieder aufzustehen.“
Als Niederlage empfindet daher René Tann sein Karriereende nicht, obwohl er sich „natürlich gerne mit einem Erfolg verabschiedet“ hätte. „Ich sehe es als Chance, in einen neuen Lebensabschnitt eintreten zu dürfen – und das gesund und ohne Druck von außen, sondern aufgrund einer freiwilligen Entscheidung.“ Deswegen blickt er auch positiv auf die vergangenen 18 Jahre zurück: „Der Sport hat mir viel gegeben. Und viele Menschen, die mir zum Teil wichtige Freunde und Ratgeber wurden, haben diesen Weg begleitet und mich dabei unterstützt. Bei ihnen allen möchte ich mich bedanken, ohne hier jeden Einzelnen aufzählen zu können, da dies den Rahmen sprengen würde.“
In eigener Sache:
Ich möchte mich bei Ihnen – auch im Namen von René Tann – für die angenehme Zusammenarbeit bedanken. Ich selbst werde dem Mountainbike-Sport natürlich bis auf weiteres treu bleiben, so dass wir sicher wieder miteinander zu tun haben werden!
Mit freundlichen Grüßen,
Armin M. Küstenbrück